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31.05.2013

Zur Arbeit von Sabine Hunecke, Nina Mößle, Kunsthistorikerin, München

Anfänglich ausgebildet im klassischen Handwerk der Glasmalerei, fand Hunecke ihren Weg zur freien Kunst über die Kalligrafie – eine Ausdrucksform, die ihr künstlerisches Schaffen stets begleitet und ihre ästhetische Wahrnehmung entscheidend geprägt hat.

Die Vorliebe für das monochrom Grafische und dezent Poetische charakterisieren ihre Arbeiten, in denen Farbigkeit prinzipiell nur akzentuierend, niemals autonom zum Einsatz kommt. Bei den grafischen Arbeiten wird das Papier als bevorzugtes Trägermaterial stets neu ergründet.

Die Linie steht formal und strukturell im Vordergrund der künstlerischen Auseinandersetzung. Ihre Omnipräsenz übt eine starke Anziehungskraft auf die Künstlerin aus. Diese Faszination schlägt sich Themengebiete durchdringend auf unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen in den Arbeiten Huneckes nieder: Abstrakt als einsames Haar in der Suppe oder konkret als Schriftfragment im Bildraum integriert.
Die Ambivalenz der Linie, die zugleich fragil und kraftvoll, starr und beweglich, trennend und verbindend sein kann, bildet den Kern des künstlerischen Schaffens.

Von Collage über Objekt bis hin zu Installation und Video finden sich konstante Strukturen, die experimentierend miteinander verschränkt neue Ideen und Resultate offenbaren und sich nahezu beiläufig im richtigen Moment zu einer Einheit verdichten.

Ihre über einen längeren Zeitraum in mehreren, übereinander gelagerten Ebenen entstandenen Arbeiten spiegeln – zumeist seriell angelegt – eine inhaltliche wie formale Dialektik wider.
Der behutsame, geradezu meditative Schaffensprozess strapaziert doch, Schicht um Schicht, Künstlerin und Material: Grenzen werden ausgelotet, verschoben, überschritten.

Thematisch vielseitig orientiert, reflektieren Huneckes Werke mal ironisch, mal kritisch menschliche Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster, irritieren durch bewusste Brüche mit Sehgewohnheiten und gesellschaftlichen Konventionen.
Ein spezielles Interessengebiet der Künstlerin bilden fremde und fremdgewordene Kulturgüter. Deren Rezeption in der gesellschaftlichen Gegenwart hinterfragt und kommentiert die Künstlerin in ihren Arbeiten, indem sie diese fragmentarisch integriert oder unmittelbar selbst als Kunstobjekt installiert.

Die persönliche Affinität zu einer sublimen Ästhetik durchdringt Huneckes Arbeiten. Sie erzeugen auf den ersten Blick einen dezenten, harmonisch-sinnlichen Eindruck, der sich jedoch als latent instabil erweist und etwas Ungewisses, bisweilen Unbequemes birgt. Dieses subtile Spannungsverhältnis sucht förmlich die Konfrontation mit dem Betrachter und seinen Befindlichkeiten. Bleibt dieser den Werken zunächst ausgeliefert, muss er Schicht um Schicht gedanklich abtragen, um die ästhetische Membran zu durchdringen – wobei sich die Werke doch nie gänzlich offenbaren, sondern einen Raum für eigene Assoziationen und Deutungen entfalten.

Nina Mößle, Kunsthistorikerin



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